Nach einer Zusammenschau von Modellen und Metaphern der Erinnerung, die den Händen eine (über-)tragende Rolle zuschreiben und das Zusammenspiel von Erinnern und Vergessen als Theater der Gesten vorstellen (Taubenschlag; Wunderblock; Daumenkino; Penelopearbeit), geht es in dem Beitrag um das Medium Film als spezifische Fabrik mnemonischer Gesten, Pathosformeln und Erinnerungsfiguren. Hände im Film entwickelten sich nicht nur zu eigenständigen Handlungsträgern, ihre Handlungen wurden zum Auslöser, Begleiter und Träger von Erinnerungserfahrungen. Vor dem Hintergrund von Giorgio Agambens Konstatierung einer »allgemeinen Katastrophe der Sphäre des Gestischen« um 1900 und Walter Benjamins Gedanken zur Geste als »Unterbrechung« wird insbesondere Robert Wienes früher Psychothriller »Orlacʾs Hände« (1924) in den Fokus genommen, der bemerkenswerterweise mit der Entstehung von Freuds Wunderblock-Notiz und Bretons erstem surrealistischen Manifest koinzidiert. Die entlang von Orlacs Besessenheiten und Tics ausbuchstabierte Katastrophe des Gestischen kann mit Benjamin als Möglichkeit einer neuen Erinnerbarkeit entziffert werden, die sich aus dem Zusammenspiel von Riss und Spur, Unterbrechung und Kontinuität, »Störung der Verweisung« (Geimer) und neuer Kontaktaufnahme ergibt. Entscheidend ist, dass Orlac von unheimlichen Gesten heimgesucht wird, die sich als Unterbrechungen von Kontinuität ins Geschehen einmischen.