Sören Stange
Das Gespenst des Nicht-Wissens
Reportagen, Fiktionen, Wirklichkeiten der Hauptstadt des 20. Jahrhunderts
Denkt Kunst! Das bedeutet, sie zuallererst angemessen denken zu lernen – das heißt, in Begriffen und Argumenten zu fassen, was sich vorderhand nicht in Form von Begriffen, sondern in Wahrnehmungsgestalten, Figuren, Klängen, Rhythmen und Konstellationen artikuliert. Denkt Kunst? Denkt Kunst!
Now the dead will no longer be buried, now this spectral city will become the site for execrations and lamentations, now time itself will disintegrate and void itself, now human bodies will expectorate fury and envision their own transformation or negation, now infinite and untold catastrophes are imminently on their way —ready to cross the bridge over the river Aire and engulf us all — in this winter of discontent, just beginning at this dead-of-night instant before midnight, North-Sea ice-particles already crackling in the air and the last summer long-over, the final moment of my seventeenth birthday, so we have to go, the devil is at our heels… And now we’re running at full-tilt through the centre of the city, across the square beneath the Purbeck-marble edifice of the Queen’s Hotel, down towards the dark arches under the railway tracks, the illuminated sky shaking, the air fissured with beating cacophony,...
A for Anomie
The idea that terrorism and other forms of political violence are directly related to strains caused by strongly held grievances has been one of the most common explanations to date and can be traced to a diverse set of theoretical concepts including relative deprivation, social disorganization, breakdown, tension, and anomie. Merton (1938) identifies anomie as a cultural condition of frustration, in which values regarding goals and how to achieve them conflict with limitations on the means of achievement.
Gary LaFree and Laura Dugan, “Research on Terrorism and Countering Terrorism”, Crime and Justice, Vol. 38, No. 1, 2009.
B for Block or Blocked
If terrorism in each of its expressions can be considered an indicator of the existence of a political block (of an impossibility of reacting if one wishes to react differently), this influences its real ability to modify the situation. Terrorism has been historically more successful when it was not...
In perfekt sitzender Uniform, die Hakenkreuzbinde frisch aufgebügelt, stehe ich in einer langen Schlange in einer amerikanischen Behörde, um einen Antrag auf einen total war zu stellen, doch nach stundenlangem Schlangestehen teilt mir der freundliche Sachbearbeiter mit, dass das application form for foreign aggressions im Saal nebenan zu erbitten sei. Da ich ein depressiver Faschist bin, lasse ich trotz meiner feschen braunen Uniform den Kopf immer recht schnell hängen und beschließe daher, für heute Schluss und lieber erst morgen den nächsten Versuch zu machen. Am nächsten Morgen stehe ich so auch tatsächlich wacker in der richtigen Schlange, habe dann aber nicht alle Papiere zusammen, um ordnungsgemäß einen total war zu beantragen. Neben der Geburtsurkunde (Original, keine Kopie!) fehlen mir zwei weitere Empfehlungsschreiben amerikanischer Staatsbürger. Man braucht fünf. Aber – ich dachte, drei… Nein, fünf insgesamt! Lächelnd hebt die Sachbearbeiterin ihre rechte Hand, die Finger anschaulich gespreizt. Wo ich doch aber schon...
Die Allgegenwart der Kritik, ihre Dominanz in Gestalt von Themen, in Gestalt von Verhaltensweisen und Bekenntnissen, ist ein erstes Anzeichen für die Abwesenheit kritischen Denkens.
In akademischen Kreisen dominiert gegenwärtig eine regelrechte Inventarisierung und Archivierung der Kritik, eine fleißige Verwaltung des kritischen Hausrats. Hier begegnet man allerlei Relevanzprüfern und Erbschaftsverwaltern, die das Brauchbare vom Unbrauchbaren trennen und die Familienzugehörigkeiten überwachen. Kritik erstarrt, weil sie in ihren Händen oft nicht mehr ist, als der beliebige Gegenstand eines enzyklopädischen Interesses. Dieses leidenschaftslose Interesse, das von keinem Impuls geleitet, von keinem Affekt getrieben wird, kennt nichts Liebens- oder Hassenswertes. Auf der anderen Seite drängen sich vermeintliche Gegenspieler in den Vordergrund, die meinen, die Kritik als ein rein evaluatives und optimierendes Unternehmen entlarven zu können. Hier sind es nicht Aktualitätsbescheiniger und Treuhandwächter, mit denen man es zu tun bekommt, sondern juvenile Rebellen und halbstarke Aufschneider. Sie verkünden mit antiakademischen Volten, die doch mitten in der...